Sieben von neun planetaren Belastungsgrenzen haben wir laut Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bereits überschritten. Vor diesem Hintergrund war der Keynote-Vortrag von Prof. Dr. Astrid Dannenberg an der HMU besonders spannend. Die Expertin für Umwelt- und Verhaltensökonomik der Universität Kassel stellte an der HMU Studienergebnisse zum Einfluss von sozialen Normen auf nachhaltiges Verhalten vor. Mit zum Teil überraschenden Ergebnissen.
Die Kasseler Professorin berichtete von verschiedenen Studien und Feldversuchen, die Antworten auf folgende Fragen finden sollten: Verbessert umweltfreundliches Verhalten den Ruf einer Person und führt dies im Umkehrschluss dazu, dass Menschen sich umweltfreundlicher verhalten? Welchen Einfluss haben andere Menschen auf das eigene Verhalten? Sind wir umweltfreundlicher, wenn wir von anderen beobachtet werden? „In unseren Experimenten und Umfragen haben wir untersucht, ob und warum das Umweltverhalten solchen sozialen Einflüssen unterliegt“, so Professorin Dannenberg.
Zusammenhang von Nachhaltigkeit und Reputation
Erforscht wurden einerseits das Ernährungsverhalten von Studienteilnehmenden im privaten und im öffentlichen Raum und andererseits die Bereitschaft, Umweltverschmutzung in Form von weggeworfenen Zigarettenstummeln zu verhindern bzw. offen anzusprechen. Zusätzlich wurde in einer weiteren Befragung von 7.900 Erwachsenen festgestellt, in welchen Lebensbereichen nachhaltiges Verhalten umgesetzt wird und in welchem Maß ein solches Verhalten die (eigene) Reputation verbessert.
Fleischkonsum unabhängig von öffentlicher Wahrnehmung
„Beim Thema Ernährung und Fleischkonsum haben wir festgestellt, dass weder sozialer Druck durch Öffentlichkeit noch zusätzliche Informationen über den Fleischverzicht anderer Menschen den eigenen Fleischkonsum nennenswert ändern“, berichtet die Wissenschaftlerin. Obgleich die Anzahl der vegetarisch und vegan lebenden Menschen in Deutschland seit Jahren ansteige, sei sie immer noch recht gering.
Zigarettenmüll als lösbares Problem
Beim Thema „Umweltverschmutzung durch Zigarettenkippen“ zeigten sich die Menschen eher bereit, im Bekanntenkreis jemanden auf eine achtlos weggeworfene Kippe anzusprechen, als dies bei unbekannten Personen zu tun. Vor allem Menschen, die kleine Kinder haben, und Menschen, die sich über Zigarettenmüll ärgern, werden hier aktiv. Der Expertin zufolge gehört Zigarettenmüll wahrscheinlich zu den Problemen, die wir mit mehr Aufmerksamkeit und Zivilcourage lösen könnten.
Nachhaltiges Verhalten verbessert den Ruf
Astrid Dannenberg: „Die große Befragung ergab, dass viele der 30 bekannten nachhaltigen Verhaltensweisen den Ruf eines Menschen verbessern, aber eben nicht alle.“ So wirke es sich positiv aus, Essen nicht wegzuwerfen, Kleidung über einen langen Zeitraum zu tragen und den Wasserverbrauch beim Duschen einzuschränken. Dagegen habe der Verzicht auf tierische Lebensmittelprodukte sowie die Teilnahme an Klimaprotesten kaum Auswirkungen auf die Reputation oder schade ihr sogar. „Interessant ist auch“, so die Professorin, „dass teure und schwieriger umzusetzende Verhaltensweisen zur Steigerung von Nachhaltigkeit nicht besser bewertet werden als günstige und leicht umzusetzende.“
Zur Veranstaltung: An der HMU wie im gesamten Hochschulverbund wird die interdisziplinäre und interprofessionelle Lehre und Zusammenarbeit aktiv gefördert. Vor diesem Hintergrund hatte Prof. Dr. Eva Asselmann die Kasseler Expertin eingeladen – mit besonderem Fokus auf Studierende der Psychologie.
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